Moses war ein Mädchen! So steht es geschrieben. Zumindest in Kirsten Bojes Kinderbuch „Seeräubermoses“.
In einer stürmischen Nacht fischten die Seeräuber um Käptn Klaas ein Baby in einer Waschbalje aus dem Meer und tauften es (naheliegender Weise) Moses. Als beim Windeln-Wechseln der Fehler zu Tage trat, war es zu spät. Getauft ist getauft. Moses wuchs auf der „Wüsten Walli“, für seeräuberische Verhältnisse wohlbehütet, zu einer selbstbewussten, vielleicht etwas weltfremden, dafür aber um so gewiefteren Persönlichkeit heran. Als sie von Klaas Gegner Olle Holzbein gekidnappt wurde, tat sie sich mit dem Schiffsjungen Dohlenhannes zusammen. Mehr als einmal gelang es ihnen Olle und seine Bande zu überlisten und am Ende das Geheimnis um Moses Herkunft zu lüften.

Wenn Sie jetzt eine von den vielen verklärenden Piraten-Geschichten erwarten, darf ich Sie positiv enttäuschen. Kirsten Boje vermittelt ein sehr realistisches Bild vom Leben der mittelalterlichen Seefahrt und -räuberei. Dabei entzündet sie ein Feuerwerk der gewitzten Erzählkunst. Ich lese das Buch gerade meinem Sohn vor und ich muss mich beim Vorlesen sehr konzentrieren, um mir dabei nicht die Zunge zu verknoten. Dafür werden wir beide mit einer herrlichen Sprache und einer spannenden wie lehrreichen Geschichte belohnt.

Eine Kundin brachte mich drauf. Wir sprachen über Bücher, die in jeden Haushalt gehören. Als sie die fünf Bände umfassende Jubiläums-Box mit Bojes Büchern bestellte, da fiel es mir siedend heiß wieder ein: Ich Döspaddel hatte den Geburtstag vergessen! Schnell kaufte ich den Schuber selbst auch und brachte ihn meinem Sohn mit. Denn wenn Kirsten Boje in diesem Jahr 70 wird, ist das Vorlesen ihrer Bücher das Mindeste, womit man sie zum Jubiläum ehren sollte. Ich bin großer Fan und sie hat sich über das Schreiben hinaus mit ihrem Einsatz für die Leseförderung einen großen Applaus verdient. Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank, liebe Kirsten Boje!

Buchtipp von Philipp Seehausen, Veröffentlicht im General-Anzeiger Bonn vom 07.03.2020