Ich hatte ein Huhn auf dem Schoß sitzen (warum, ist eine andere Geschichte), als mich der Verlagsvertreter vom folgenden Buch überzeugte:
Toggenburg im 30 jährigen Krieg. Der junge Schweizer Noldi Abderhalden gibt sich hoch oben auf dem Berg aus Liebeskummer die Kante. Anschließend unterschreibt er im Suff einen Söldnervertrag mit den Spaniern (das machte man damals so). Während einer Schlacht faustet Noldi eine protestantische Kugel gerade rechtzeitig weg und rettet damit das Leben seines Kommandanten. Zum Dank darf der Held an den Spanischen Hof. Intrigen und Inquisition handeln ihm jedoch eine Verbannung nach Kuba ein. Fortan muss er die königlichen Rindviecher auf der königlichen Weide bewachen und königliches Fleisch an die Königliche Marine liefern. Aber was macht ein Schweizer, zumal ein Toggenburger Noldi Abderhalden, im Kuba des 17. Jahrhunderts? Käse! In Kuba. Bei der Hitze. Ohne Kühlhaus. Aber der jodelnde Käser wäre nicht Noldi Abderhalden, wenn er es nicht schaffen würde einen Toggenburger Grind zu produzieren, der eines Noldi Abderhalden würdig wäre.

Ich habe mich zur Lektüre einer herrlichen „Baron Münchhausen Geschichte“ überreden lassen. Der für sein Buch „Polarrot“ bekannte Autor hat mir köstliche Nächte beschert (sehr zum Leidwesen meiner Frau, die das Kichern und Griemeln neben sich ertragen musste). Jeder Satz ist ein Treffer (im Gegensatz zur protestantischen Kanonenkugel). So manche Seite habe ich gleich dreimal gelesen, weils so schön geschrieben war. So wird (zeitlich gesehen) aus dem schmalen Band ein dicker Wälzer. Das Buch lebt von Running Gags, absurden Begebenheiten, einer spannenden Geschichte, amüsanten Stereotypen und historischen Figuren. Und stets schwebt da die Möglichkeit im Tal, dass Teile der Geschichte doch wahr sein könnten. Ein feiner Spaß! Schweizer Maßarbeit eben.

Das Huhn beim Einkauf dabei zu haben, war eine gute Idee. Bei der nächsten Buch-Trüffel-Suche lasse ich mich wieder von Fleur begleiten.

Buchtipp von Philipp Seehausen, Veröffentlicht im General-Anzeiger Bonn vom 20.04.2019